Subvention
für Umweltverschmutzer statt konsequenter Klimaschutz: DKP kritisiert »Green
Deal« der EU-Kommission. Gespräch mit Patrik Köbele, Vorsitzender der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP)
Am Mittwoch stellte die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihren »Green Deal« vor. Die DKP reagierte darauf wenig begeistert. Was ist dagegen einzuwenden, wenn wie geplant die Nutzung erneuerbarer Energiequellen ausgebaut wird, damit die EU bis 2050 »klimaneutral« wird?
Dieser
sogenannte Green Deal ist eine Mogelpackung, ein Betrug an Mensch und Umwelt.
Laut Berichten sollen 100 Milliarden Euro durch die Steuerzahler aufgebracht
werden, um die Umrüstung der Industrie zu finanzieren. Dabei handelt es sich um
Investitionen, die uns ökologisch nicht weiterbringen. Wenn ich mir etwa das
Thema E-Mobilität ansehe, dann ist das keine Umrüstung zugunsten der Umwelt,
sondern eine zugunsten der Automobilindustrie.
Sie
vermuten also, durch das Programm sollen in erster Linie neue Geschäftsfelder
für die bestehende Industrie erschlossen werden?
Ja, es
ist ein großes Subventionsprogramm. Das sieht man auch daran, dass die Profite
derjenigen, die für die ökologische Krise verantwortlich sind, wie die
Automobilindustrie oder die Energiewirtschaft, unangetastet bleiben. Solange das
so ist, ist das Heuchelei.
Nein. Sie
setzt nahtlos ihr Lebenswerk fort, alles im Interesse der Banken und Konzerne
zu tun, was wiederum zu Lasten der Arbeiter, Angestellten, Arbeitslosen und
Rentner geht. Mangelnde Konsequenz kann man ihr nicht unterstellen.
Wird
mit den angekündigten Maßnahmen das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu
erreichen sein?
Ich gehe
davon aus, dass man die Produktion von Treibhausgasen in ärmere Länder
außerhalb der EU verschieben will. Damit löst man das globale Problem aber
nicht, sondern wäscht sich auf Kosten der Menschen aus der sogenannten Dritten
Welt rein.
Denken
Sie da an den mit Ausbeutung einhergehenden Abbau von Rohstoffen wie Kobalt, die
für die Akkus von Elektroautos benötigt werden, in afrikanischen Ländern?
Zum
Beispiel. Bei den E-Autos wird der Dreck aus dem Auspuff des Ottomotors quasi
in die Braunkohlewerke verlagert. Dreckige Energieproduktion findet unter
Umständen in ärmeren Ländern statt.
Aber es
ist ja noch viel schlimmer: Ein Eckpunkt dieses sogenannten Green Deals ist die
CO2-Grenzsteuer. Dabei sollen die Waren aus ärmeren Ländern mit Zöllen belegt
werden – und zwar von den Ländern, die man über Jahrzehnte an ihrer Entwicklung
gehindert hat. Das zeugt von einer kolonialen Manier, die kaum zu toppen ist.
Gegen
Maßnahmen wie Gebäudesanierungen oder die Eindämmung des Flugverkehrs, wie sie
für die Energieeinsparung vorgeschlagen wurden, haben Sie aber keine Einwände,
oder?
Wir sind
für Investitionsprogramme – aber nicht für solche, die am Ende Konzerne
subventionieren. Mit ihnen muss verbunden sein, dass man den öffentlichen
Wohnungsbausektor stärkt oder das Verkehrswesen wieder als öffentliche Aufgabe
betrachtet, es wieder vergesellschaftet. Ohne die Abkehr vom Individualverkehr,
der in den letzten Jahrzehnten hemmungslos gefördert worden ist, wird man die
ökologischen Probleme nicht lösen können. Wir brauchen ein Konzept, wie wir
Güter und Menschen auf die Schiene bringen – mit einer Bahn, die den Menschen
gehört. Das ist aber eine gesellschaftliche Aufgabe, die man nicht Konzernen
und Banken überlassen darf.
Kritisiert
wird auch, dass von der Leyen den EU-Bürgern signalisiert, das
Wirtschaftswachstum könne ungebremst, aber künftig »umweltschonend«
weitergehen. Müsste nicht vielmehr mit dem Wachstumsglauben gebrochen werden?
Da bin
ich zwiegespalten. Auf der Welt gibt es viele Völker, die Wachstum noch
brauchen. Wir können uns nicht hinstellen und denen Verzicht predigen, die über
Jahrhunderte durch koloniale und neokoloniale Ausbeutungsmechanismen an der
Entwicklung gehindert wurden. Insofern werden wir im Weltmaßstab sogar noch
mehr Energie, noch mehr Mobilität brauchen. Aber das kann man nicht einem System
überlassen, das allein auf Profit orientiert ist und die Konkurrenz zwischen
den Nationen braucht. Vielmehr müssen wir den Kapitalismus überwinden, weil der
den Ausweg aus der Krise blockiert.
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