Weihnachtsmarktattentäter verriet Plan an
Polizeispitzel. Behörden observierten den Terroristen jahrelang
Die "Beteiligten", Foto: "junge Welt" |
Nirgendwo
leben Attentäter so sicher wie in Deutschland. Sie werden schließlich lückenlos
von den Behörden bewacht.
Das gilt nicht nur für Neonazis, die mordend durchs
Land ziehen und jahrelang nicht geschnappt werden.
Es gilt auch für Islamisten
wie den Berliner Weihnachtsmarkt-attentäter Anis Amri.
Der Tunesier ist für
zwölf Tote verantwortlich; nach der Ermordung eines Lkw-Fahrers raste er am 19.
Dezember 2016 mit dem gestohlenen Wagen auf den Berliner Breitscheidplatz und
tötete hier elf Menschen, etliche weitere wurden schwer verletzt. Diese Tat
beging Amri unter den Augen des Landeskriminalamtes (LKA) Berlin. Wie am Montag
bekannt wurde, waren nicht nur mindestens drei »Vertrauenspersonen« auf ihn
angesetzt, einer soll auch vorab von den Anschlagsplänen erfahren haben.
Es ist
dies, in einer mehr als zähen Aufklärung des Falles, ein neuer Tiefpunkt: Die
bisherige, mutmaßlich auf Fälschungen aus dem eigenen Haus basierende Legende
des LKA, Amri sei lediglich ein unbedeutender Kleindealer gewesen, entpuppte
sich schon 2017 als reine Schutzbehauptung; der damalige Polizeipräsident Klaus
Kandt stürzte über die Affäre. Doch die Vertuschungen setzten viel früher ein.
Schon Anfang 2016, ein knappes Jahr vor dem Anschlag, hatte das Bundesamt für
Verfassungsschutz (BfV) begonnen, Informationen über Amri zu sammeln.
Dieser
sei gar einer von nur 40 bis 50 »islamistischen Gefährdern« gewesen, über die
sie in dieser Zeit Akten geführt habe, sagte die zuständige Sachbearbeiterin
der Behörde im vergangenen Jahr im Untersuchungsausschuss des Bundestages aus.
Sie bejahte, dass Amri bereits mit »nachrichtendienstlichen Mitteln« beobachtet
worden sei. Dies hatte der damalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen
vorher bestritten – Amri sei ein »reiner Polizeifall« gewesen. Die
BfV-Überwachung war erfolgreich, das Amt konnte einen »V-Mann« in einer
islamistischen Moschee in seiner Nähe installieren. Der Verhinderung des
Attentats diente er offenkundig nicht.
Vor Amris
Übersiedelung aus Dortmund nach Berlin war auch das nordrhein-westfälische LKA
auf seiner Spur. Der dortige V-Mann »Murat« alias »VP-01« war gezielt auf ihn
angesetzt; »Murat« brachte Amri schließlich im Auto in die Hauptstadt. Der
Spitzel, der gleichzeitig als islamistischer Agitator tätig war, soll auch Amri
zu Anschlägen in der BRD angestiftet haben.
Amris Weg
in Deutschland war mit Agenten, Spitzeln und »V-Leuten« flankiert. Dass die
Identität des Attentäters als tunesischer Flüchtling ausgerechnet vom Dresdner
Pegida-Boss Lutz Bachmann auf Twitter öffentlich gemacht worden war, rundet das
Bild ab: Alle wussten hier offenbar alles. Nur verhindern wollte niemand etwas.
Auf die Frage, warum dies so ist, folgt stets eine weitere: Wem nutzt es?
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