Der Weg über das Mittelmeer ist lebensgefährlich. Foto: Sea-Watch
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Anmerkungen zum „Flüchtlingsstreit“
Man kann
kaum behaupten, dass die europäische Rechte erfolglos ist. Worum wird
gestritten? Geht es um Armut, soziale Ungleichheit, obszönen Reichtum,
zerbröselnde Altersversorgung, marode Schulen, die Pflegekatastrophe, die
marode Infrastruktur? Den ganz normalen Wahnsinn der neoliberalen Zurichtung?
Natürlich nicht.
Es geht
um jene sehr überschaubare Zahl armer Menschen, die es trotz Auffanglager,
Mauern und Natodrahtzäunen, die schon weit südlich in Afrika beginnen, trotz
Mittelmeer und versperrten Häfen, trotz der europäisch finanzierten
Konzentrationslager Erdogans irgendwie nach Europa geschafft haben. Diese
Menschen sollen hier nicht sein.
Natürlich
ist die „Flüchtlingskrise 2018“ weit davon entfernt ein objektives Problem zu
sein. Die Bundesrepublik hatte nach dem II.Weltkrieg um Dimensionen höhere
Flüchtlingszahlen „freudig“ aufgenommen. Aber damals waren die Flüchtlinge aus
dem Osten der Beweis für die „Unmenschlichkeit des kommunistischen
Unrechtsregimes“.
Grenzzaun der spanischen Enklave Ceuta (Juni 2018) - Foto: junge Welt |
Heute
sind die Flüchtlinge aus dem Süden höchstens der Beweis für die von der
„westlichen Wertegemeinschaft“ angerichteten, und auch auf „uns“ zustürzenden
ökonomischen und ökologischen Katastrophen. So etwas will von den
Allerchristlichsten niemand wissen. Da wird doch lieber der Bote für seine
Botschaft erschlagen.
Die
„Flüchtlingskrise 2015“ war so etwas wie der Reichstagsbrand 1933, oder der
Anschlag auf die Zwillingstürme 2001. Ein medial als traumatisch dargestelltes
Ereignis, das alles legitimiert, was vorher undenkbar war. Manchmal kann man
sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die flüchtenden Menschen 2015 nur
deshalb so ins Land gelassen wurden, um nun ein „Argument“ für einen
umfassenden rechten Durchmarsch zu haben.
Einer nun
AfD-nahen CSU werden 18 Prozent bescheinigt. Es entstünde mit der AfD ein
rechter Block, ohne den im Bundestag, angesichts der neoliberalen
Vasallenhaltung der SPD nichts mehr läuft.
In der
Sache reicht dieser Durchmarsch von den umfassenden Polizeigesetzen, welche die
Repressionskräfte im Inneren wieder bürgerkriegsfähig machen sollen,
Repressionskräften, zu denen auch die Bundeswehr zu zählen ist, bis hin zu
einer europäischen Armee, natürlich inklusive der Bundeswehr, die „strategische
Autonomie“ (von der Leyen) anstrebt, also wieder autonom, ohne die US-Army,
angriffskriegsfähig zu werden.
Geradezu
klassisch wird auch die Unschuldsvermutung abgeräumt, die allseitige
digitalisierte und automatisierte Überwachung ermöglicht und eine, wie in
Bayern, möglichst unbeschränkte Vorbeugehaft durchgesetzt.
Europa hat jede Menschlichkeit verloren - Foto: junge Welt |
Diese
natürlich völlig unvollständige Sammlung zeigt schon, wohin die Reise geht:
Deutsch-Europa will ohne Zweifel ein „erwachsenes“ imperialistisches Zentrum
werden, das sich erfolgreich mit den russisch-asiatischen Konkurrenten um die
Erbmasse des US-Imperiums streiten kann.
Die
Kanzlerin stand bislang ungerührt für die atlantische Vasallentreue, für die
großen Erzählungen des globalen neoliberalen Handelsimperialismus im Schatten
der US-Flugzeugträger. Dieses Feigenblatt ist mit Donald Trump abgeräumt und
damit die Kanzlerinnen-Dämmerung eingeleitet. Was nun zählt, ist der ordinäre,
selbstgefällige, egozentrische und immer auch rassistische Imperialismus.
Die
Flüchtlingsdebatte zeigt sehr klar, dass dieses Land – und vor allem seine
Eliten – damit eine Menge Erfahrung hat.
Von Klaus
Wagener
aus „unsere zeit (UZ) –Zeitung der DKP“ vom 29. Juni 2018
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