Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele über das
Grundgesetz
„Verteidigung
einer Ruine“ so betiteln die Marxistischen Blätter ihr aktuelles Heft mit dem
Schwerpunkt 70 Jahre Grundgesetz. Ich denke, das bringt es recht gut auf den
Punkt.
Das
Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland war von Anfang an geplant zur
Konstituierung eines Teilstaates, um möglichen sowjetischen Einfluss auf ein
geeintes Deutschland zu verhindern. Es war geplant als Grundlage der
Westintegration und Stoßrichtung gegen die Sowjetunion. Es war geplant als
Absicherung zur Restauration der kapitalistischen Macht- und
Besitzverhältnisse.
Trotzdem
musste Rücksicht genommen werden auf eine Massenstimmung gegen Militarismus,
selbst auf weit verbreiteten Antikapitalismus. Diese Gemengelage führte wohl
auch dazu, dass man dem Volk nicht traute – im Unterschied zu vielen anderen
Staaten (historisch zum Beispiel auch die DDR) durfte das Volk der
Bundesrepublik nie über das Grundgesetz abstimmen. Auch der Parlamentarische
Rat, der das Grundgesetz ausarbeitete und schließlich beschloss, war nicht
direkt gewählt.
Trotzdem
und zu Recht entschieden sich unsere Genossinnen und Genossen dazu, an der
Erarbeitung des Grundgesetz teilzunehmen. Legendär und von großem
vorausschauenden Realismus ist die Aussage von Max Reimann: „Sie, meine Damen
und Herren, haben diesem Grundgesetz, mit dem die Spaltung Deutschlands
festgelegt ist, zugestimmt. Wir unterschreiben nicht. Es wird jedoch der Tag
kommen, da wir Kommunisten dieses Grundgesetz gegen die verteidigen werden, die
es angenommen haben.“
Die
Annexion der DDR wurde, entgegen dem Sprachgebrauch, nicht als Vereinigung nach
dem Artikel 146 GG, sondern als Beitritt nach Art. 23 GG vollzogen. Darauf
folgten die Beteiligung an Kriegen und die faktische Abschaffung des
Asylrechts.
Der
Antifaschismus des Art 139 des GG wurde niemals konsequent umgesetzt. Die
Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes, die zum Gebrauch des Eigentums im
Interesse des Gemeinwohls verpflichten und die die Möglichkeit zur
Vergesellschaftung von „Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln“
beinhalten, wurden von Anfang an in die Vergessenheit gedrängt. Heute fordert
der Verfassungsfeind und FDP-Chef Lindner deren Abschaffung.
Trotz
alledem bleibt es dabei: Verfassungsfragen sind Machtfragen. Das Grundgesetz,
so ausgehöhlt es ist, es schreibt den Kapitalismus nicht fest. Auf dem Boden
vieler seiner Grundrechte lässt sich kämpfen, auch wenn viele Deformationen,
Änderungen, Interpretationen rückgängig zu machen sind.
Reimann und Adenauer im Parlamentarischen Rat, Foto: "uz" |
Agendapolitik,
Hochrüstung, Kriegseinsätze, Arbeitslosigkeit, Armut, Katastrophe im
Gesundheitswesen, Bildungsnotstand sind Anschläge auf die Würde des Menschen,
sind Verfassungsbruch, werden aber aufgrund des Kräfteverhältnisses nicht
verfolgt. Der Jahrestag des Grundgesetzes ist ein Kampfauftrag, dies zu ändern.
Und
natürlich wollen wir eine Verfassung, die die Grundrechte erweitert. In die
Verfassung gehört das Recht auf Arbeit und das Recht auf bezahlbaren Wohnraum,
das Recht auf kostenlose Bildung. Der Artikel über die kommunale
Selbstverwaltung ist zu ergänzen um die Finanzierungsverpflichtung durch Bund
und Länder – natürlich ist die Schuldenbremse zu streichen.
Und als
Wichtigstes, Krieg, Militarisierung, Hochrüstung sowie die Mitgliedschaft in
Aggressionsbündnissen wie der NATO sind zu verbieten – hier lässt sich viel von
der neuen Verfassung des sozialistischen Kuba lernen, die übrigens, im
Unterschied zum Grundgesetz, vom Volk beschlossen wurde.
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