Donnerstag, 24. Mai 2012

Solidarität ist mehr als eine Floskel


Warnstreiks im Niedriglohnland benötigen jede Unterstützung! 

Foto: DKP Lübeck / Ostholstein
In diesen Wochen ruft die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di erneut zu Warnstreiks im Öffentlichen Personennahverkehr in Lübeck und vielen weiteren Orten in Schleswig-Holstein auf.
Bereits in den vergangenen Wochen waren viele Menschen davon betroffen, wenn morgens ihre Busse oder die Priwall-Fähre nicht verkehrten. Dies sind die Momente, in denen persönliche Betroffenheit leicht zur Entsolidarisierung missbraucht wird. 


In nahezu jeder größeren Tarifauseinandersetzung wiederholt sich das selbe Spiel: Mit großer Medienpräsenz wird scheinbar objektiv über die Warnstreiks der Gewerkschaften berichtet – jedoch niemals ohne die „armen Unbeteiligten“ die hierunter „zu leiden haben“, oder die doch so völlig überzogenen Forderungen der Streikenden, zumindest beiläufig zu betonen. Egal, ob es um die Tarifauseinandersetzungen am UK-SH, in der Metall-Tarifrunde, die Streiks der Bahnbeschäftigten, jetzt um die Streiks im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder um sonstige Streiks geht, immer werden die Interessen der streikenden Kolleginnen und Kollegen wie Einzelinteressen einer kleinen Minderheit dargestellt.

"Was soll denn auch bloß dieses ewige Fordern? Gewerkschaften sind doch etwas von Vorgestern, in denen korrupte Funktionäre ja ohnehin nur auf ihren Vorteil bedacht agieren. Wie gut, dass diese Urzeitungetüme unter großen Mitgliederverlusten zu leiden haben, denn heutzutage leben wir ja schließlich in einer globalen Welt und wer Leistung erbringen will, der wird seinen Weg schon machen."
Dies sind die Mantras der herrschenden Meinungsmaschinerie. Mal lauter, mal mehr oder weniger deutlich zwischen den Zeilen.

Gerade in Situationen, wo ein Mensch wirklich auf einen Bus angewiesen ist, um zu seiner Arbeit zu kommen, einen Arzt-Termin wahrzunehmen oder eine wichtige Verabredung einhalten zu können, und dieser Bus dann nicht kommt weil gestreikt wird, gerade in diesen Situationen empfinden viele diese Argumentation als gar nicht so verkehrt. Eigentlich geht es den Streikenden doch auch gar nicht so schlecht. Und überhaupt: Die sollen doch froh sein, dass sie überhaupt Arbeit haben. Es gibt schließlich genug, die gerne…

Kennen Sie solche Gedanken? Dann hat die Gehirnwäsche bereits ein Stück weit funktioniert!
Was wie zufällige und scheinbar objektive Berichterstattung daherkommt hat nämlich System: Es soll die Entsolidarisierung der Menschen verstärken, damit kein einheitlicher Widerstand gegen die Herrschaft des Kapitals entstehen kann. In einer den Wirtschaftsinteressen unterworfenen globalisierten Welt, in der die Herrschenden sogar in den vermeintlich „reichen Industrienationen“ existierende Beschäftigungssicherung und jahrhunderte lang erkämpfte soziale Standards seit geraumer Zeit erfolgreich abschaffen. Hier, wo die prekäre Arbeit – die Arbeit von der man nicht mehr leben kann – immer weiter um sich greift, wo sichere Arbeitsplätze in Beschäftigungsgesellschaften ausgegliedert werden und durch Leiharbeiter oder Werkvertragsarbeiter ausgehöhlt wird, hier im Niedriglohnparadies, hier wäre nichts so schlimm wie Menschen, die begreifen, dass die Situation anderer Beschäftigter genauso erkämpft und verteidigt werden muss wie die eigene Situation!

Gewiss, es gibt korrupte Gewerkschaftsfunktionäre und die angepasste Arbeit mancher Gewerkschaftsführung ist eher vorauseilend hilfreich auf dem Weg des Kapitals – aber dennoch gibt es keine wirksamere Macht in der Verteidigung von Arbeitnehmerrechten und in der Erkämpfung sozialer Standards als die solidarische Organisation der arbeitenden Menschen!
Nur Viele gemeinsam können existierende Rechte und Standards erhalten – etwas verbessern – etwas erkämpfen!
Nur wenn alle Menschen die ihren Lebensunterhalt erarbeiten müssen – egal ob sie dies durch ihren Job können, oder durch Niedriglöhne oder Arbeitslosigkeit nur mehr schlecht als recht tun – begreifen das ihre Interessen miteinander verbunden sind und zusammenhalten – nur dann wird sich wirklich etwas in diesem Land verbessern.

Ein Werbe-Spot einer Bank lautete vor einigen Jahren: „Tradition ist nicht das bewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“. Das ist richtig: Eine der besten Traditionen arbeitender Menschen war und ist die Solidarität!
Die Solidarität mit unterdrückten Menschen überall auf der Welt und die Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen die für Ihre Sache streiken! Üben wir also Solidarität – in Lübeck oder anderswo: Denn wer im Stich lässt seinesgleichen, der lässt ja nur sich selbst im Stich!