Warnstreiks im Niedriglohnland benötigen jede Unterstützung!
Foto: DKP Lübeck / Ostholstein |
In diesen Wochen ruft die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di
erneut zu Warnstreiks im Öffentlichen Personennahverkehr in Lübeck und vielen
weiteren Orten in Schleswig-Holstein auf.
Bereits in den vergangenen Wochen waren viele Menschen davon
betroffen, wenn morgens ihre Busse oder die Priwall-Fähre nicht verkehrten.
Dies sind die Momente, in denen persönliche Betroffenheit leicht zur
Entsolidarisierung missbraucht wird.
In nahezu jeder größeren Tarifauseinandersetzung wiederholt
sich das selbe Spiel: Mit großer Medienpräsenz wird scheinbar objektiv über die
Warnstreiks der Gewerkschaften berichtet – jedoch niemals ohne die „armen
Unbeteiligten“ die hierunter „zu leiden haben“, oder die doch so völlig
überzogenen Forderungen der Streikenden, zumindest beiläufig zu betonen. Egal,
ob es um die Tarifauseinandersetzungen am UK-SH, in der Metall-Tarifrunde, die
Streiks der Bahnbeschäftigten, jetzt um die Streiks im Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV) oder um sonstige Streiks geht, immer werden die
Interessen der streikenden Kolleginnen und Kollegen wie Einzelinteressen einer
kleinen Minderheit dargestellt.
"Was soll denn auch bloß dieses ewige Fordern? Gewerkschaften
sind doch etwas von Vorgestern, in denen korrupte Funktionäre ja ohnehin nur
auf ihren Vorteil bedacht agieren. Wie gut, dass diese Urzeitungetüme unter
großen Mitgliederverlusten zu leiden haben, denn heutzutage leben wir ja
schließlich in einer globalen Welt und wer Leistung erbringen will, der wird
seinen Weg schon machen."
Dies sind die Mantras der herrschenden Meinungsmaschinerie.
Mal lauter, mal mehr oder weniger deutlich zwischen den Zeilen.
Gerade in Situationen, wo ein Mensch wirklich auf einen Bus
angewiesen ist, um zu seiner Arbeit zu kommen, einen Arzt-Termin wahrzunehmen
oder eine wichtige Verabredung einhalten zu können, und dieser Bus dann nicht
kommt weil gestreikt wird, gerade in diesen Situationen empfinden viele diese
Argumentation als gar nicht so verkehrt. Eigentlich geht es den Streikenden
doch auch gar nicht so schlecht. Und überhaupt: Die sollen doch froh sein, dass
sie überhaupt Arbeit haben. Es gibt schließlich genug, die gerne…
Was wie zufällige und scheinbar objektive Berichterstattung
daherkommt hat nämlich System: Es soll die Entsolidarisierung der Menschen
verstärken, damit kein einheitlicher Widerstand gegen die Herrschaft des Kapitals
entstehen kann. In einer den Wirtschaftsinteressen unterworfenen globalisierten
Welt, in der die Herrschenden sogar in den vermeintlich „reichen
Industrienationen“ existierende Beschäftigungssicherung und jahrhunderte lang
erkämpfte soziale Standards seit geraumer Zeit erfolgreich abschaffen. Hier, wo
die prekäre Arbeit – die Arbeit von der man nicht mehr leben kann – immer
weiter um sich greift, wo sichere Arbeitsplätze in Beschäftigungsgesellschaften
ausgegliedert werden und durch Leiharbeiter oder Werkvertragsarbeiter
ausgehöhlt wird, hier im Niedriglohnparadies, hier wäre nichts so schlimm wie
Menschen, die begreifen, dass die Situation anderer Beschäftigter genauso
erkämpft und verteidigt werden muss wie die eigene Situation!
Gewiss, es gibt korrupte Gewerkschaftsfunktionäre und die
angepasste Arbeit mancher Gewerkschaftsführung ist eher vorauseilend hilfreich
auf dem Weg des Kapitals – aber dennoch gibt es keine wirksamere Macht in der
Verteidigung von Arbeitnehmerrechten und in der Erkämpfung sozialer Standards als
die solidarische Organisation der arbeitenden Menschen!
Nur Viele gemeinsam können existierende Rechte und Standards
erhalten – etwas verbessern – etwas erkämpfen!
Nur wenn alle Menschen die ihren Lebensunterhalt erarbeiten
müssen – egal ob sie dies durch ihren Job können, oder durch Niedriglöhne oder
Arbeitslosigkeit nur mehr schlecht als recht tun – begreifen das ihre
Interessen miteinander verbunden sind und zusammenhalten – nur dann wird sich
wirklich etwas in diesem Land verbessern.
Ein Werbe-Spot einer Bank lautete vor einigen Jahren:
„Tradition ist nicht das bewahren der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers“.
Das ist richtig: Eine der besten Traditionen arbeitender Menschen war und ist
die Solidarität!
Die Solidarität mit unterdrückten Menschen überall auf der
Welt und die Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen die für Ihre Sache
streiken! Üben wir also Solidarität – in Lübeck oder anderswo: Denn wer im
Stich lässt seinesgleichen, der lässt ja nur sich selbst im Stich!