Samstag, 2. April 2016

Der Präsident und das Große Theater

US-State Department legt neues Programm für Regime-Change in Kuba auf

Nur drei Tage nach seiner Rede im Großen Theater von Havanna stand Barack Obama in Kuba als Lügner da. Am Freitag veröffentlichte das Außenministerium in Washington Details über ein neues Programm zum Regime-Change auf der Insel.

Der kubanische Journalist Iroel Sánchez erinnerte am gleichen Tag an die Aussage des Präsidenten, dass die »USA weder die Möglichkeiten, noch die Absicht« hätten, »Veränderungen in Kuba zu erzwingen« und stellte Obama in seinem Blog »La pupila insomne« mit Pinocchio-Nase dar.

Für das jüngste Projekt zur Destabilisierung der Regierung in Havanna stellt Washington insgesamt 753.989 Dollar (knapp 675.000 Euro) bereit. Erst Ende letzten Jahres war das Jahresbudget für die Förderung eines Systemwechsels in Kuba im US-Haushalt von 20 auf 30 Millionen Dollar (26,9 Millionen Euro) erhöht worden. Der US-amerikanische Journalist Tracey Eaton veröffentlichte in seinem Blog »Along the Malecón« alle Einzelheiten über das am Freitag bekannt gewordene neue Einmischungsprogramm.

Dessen vorrangiges Ziel besteht in der Auswahl, dem Aufbau und der Ausbildung von künftigen »Anführern der kubanischen Zivilgesellschaft«. Diese Aufgabe will die US-Behörde an gemeinnützige NGOs in den USA übertragen, die sich bis zum 20. Mai dafür bewerben können. Das Programm soll bereits im August 2016 gestartet und über einen Zeitraum von drei Jahren fortgesetzt werden. Träger ist das seit 2012 von Roberta S. Jacobson geleitete »Bureau of Western Hemisphere Affairs« (WHA) des US-Außenministeriums. Jacobson hatte in Obamas Auftrag auch die Verhandlungen zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Kuba geführt.

"Revolution heißt: Werte, an die man glaubt, um jeden Preis verteidigen"
Laut Ausschreibung des WHA sollen in den nächsten Wochen mindestens 25 und höchstens 30 kubanische Staatsbürger im Alter zwischen 20 und 35 Jahren, vorzugsweise Hochschulabsolventen oder mit abgeschlossener Berufsausbildung, rekrutiert werden. Ihre »Erstorientierung« soll in Kuba per Video-Konferenzschaltungen erfolgen, zudem werde Material in Form von Hardcopies, auf USB-Laufwerken und als CD oder DVD übermittelt. Der Hauptteil der »Ausbildung« soll danach in drei Schritten in den Vereinigten Staaten erfolgen. Nach einer ersten, als »Orientierungsstufe« bezeichneten Phase, in der auch die »professionelle Anwendung« moderner Informations- und Kommunikationstechnologien geübt werden soll, besteht das zweite Ausbildungssegment in »Praktika« bei »erfahrenen und gut organisierten NGOs« der USA. Der dritte und letzte Abschritt steht unter der Überschrift »Planung und Netzwerkarbeit«. Hier sollen die künftigen »Kader« (O-Ton WHA) mit Hilfe der US-Trainer einen »Aktionsplan für Aktivitäten in Kuba« entwickeln. Es sei wichtig, dass sie lernten, sich dabei mit »zivilgesellschaftlichen Organisationen« in anderen Ländern zu vernetzen.

Vorraussetzung für die Teilnahme am Trainingsprogramm sei die glaubhafte Versicherung der Bewerber, nach Kuba zurückzukehren. Zudem müssen sie sich verpflichten, dort »unabhängige Organisationen« aufzubauen, um die Entwicklung »demokratischer Prinzipien« voranzutreiben. Die US-Behörde unterstreicht ausdrücklich, dass alle derartigen Folgeaktivitäten der Trainees nur in »enger Abstimmung mit dem WHA« entwickelt werden dürfen. Die US-Ausbilder und die beteiligten NGOs sollten dabei aber in Kuba selbst nicht in Erscheinung treten. Im Gegenzug zu den strikten Auflagen verpflichtet sich die US-Regierung zur Übernahme aller Kosten, einschließlich der Pass- und Visagebühren, Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Krankenversicherung, der Flüge zwischen Kuba und den USA, aller dortigen Reisekosten und Spesen sowie sämtlicher »Ausbildungsmaterialien«. Mit dem neuen Programm, erklärt das WHA, wollten die USA »Kubaner in die Lage versetzen, frei über ihre eigene Zukunft zu entscheiden«.

Das ist genau die Rhetorik Obamas, der noch am Dienstag letzter Woche in Havanna versicherte, dass die USA der sozialistischen Insel, nicht ihr eigenes »politisches und wirtschaftliches System aufzwingen« würden, weil sie wüssten, »dass jedes Land und jedes Volk selbst über seine Richtung entscheiden müsse«. Ungeachtet dessen appellierte Obama dann aber »an die kubanische Jugend, sich zu erheben, um etwas Neues aufzubauen«. Da hatte sein Außenministerium die neuen Pläne für den Umsturz bereits ausgearbeitet. Nach diesem neuen Tiefschlag formulierte der Journalist Iroel Sánchez die Gefühle seiner Landsleute so: »Kuba hat Obama mit Respekt empfangen und zugehört. Freundlichkeit sollte jedoch nicht mit Naivität verwechselt werden.«

Kuba braucht keine Geschenke von den USA

Fidel Castro kritisiert Obama-Rede in Havanna

Havanna – Kubas Revolutionsführer Fidel Castro bleibt unversöhnlich gegenüber den USA. Der Comandante reagierte am Montag mit Kritik auf den jüngsten Besuch von USA-Präsident Barack Obama in Havanna. »Wir haben es nicht nötig, daß das Imperium uns was schenkt«, schrieb er in einem Gastbeitrag für die »Granma«. »Wir sind in der Lage, die Nahrungsmittel und die notwendigen Waren, die wir brauchen, selbst herzustellen, durch die Arbeit und mit dem Verstand des Volkes.« Unter der Überschrift »Bruder Obama« erinnerte Fidel Castro an Angriffe der USA gegen das sozialistische Kuba während der vergangenen 50 Jahre und kritisiert Präsident Obama, nicht darauf eingegangen zu sein. »Mein bescheidener Rat ist, er möge nachdenken, und nicht den Versuch unternehmen, Theorien über die kubanische Politik zu entwickeln«, schreibt Fidel Castro.

Die Aussagen zum Verhältnis der USA zu Kuba in Obamas Rede im Großen Theater von Havanna während seines Kuba-Besuchs wies Fidel Castro zurück. »Obama hielt eine Rede, in der er die feinsten Worte wählte, um auszudrücken: ‚Es ist an der Zeit, daß wir das Vergangene vergessen; lassen wir die Vergangenheit und schauen wir in die Zukunft; schauen wie gemeinsam in eine Zukunft der Hoffnung. Und das wird nicht einfach sein, es wird Herausforderungen geben und denen werden wir Zeit geben müssen; aber mein Aufenthalt hier macht mir mehr Hoffnung, was wir gemeinsam als Freunde, als Familie, als Nachbarn erreichen können.

Man könnte meinen, daß jeder Einzelne von uns einem Infarkt nahe war, als er diese Worte des Präsidenten der Vereinigten Staaten hörte. Nach einer schamlosen Blockade, die fast 60 Jahre gedauert hat... Und was ist mit den bei Söldnerangriffen auf kubanische Schiffe und Häfen, bei dem auf ein mit Passagieren vollbesetztes Linienflugzeug in vollem Flug verübten Anschlag, bei Söldnerinvasionen und zahlreichen Gewaltakten getöteten Menschen?«

Der Artikel schließt mit den Worten: »Unsere Anstrengungen werden rechtmäßig und friedlich sein, denn unsere Verpflichtung gilt dem Frieden und der Brüderlichkeit gegenüber allen Menschen, die auf diesem Planeten leben.« (Granma/dpa/ZLV)

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