Montag, 16. November 2015

»Es brennt«

Im Zentrum des 21. DKP-Parteitags: Die nach den Attentaten in Paris erhöhte Kriegsgefahr, der Rechtsruck und die Schwäche der Arbeiterbewegung

Am Samstagabend wählten die 171 Delegierten des 21. DKP-Parteitages in Frankfurt am Main mit großer Mehrheit die bisherige Parteiführung erneut ins Amt: Der Vorsitzende Patrik Köbele erhielt 131 Stimmen, seine beiden Stellvertreter Wera Richter und Hans-Peter Brenner 159 beziehungsweise 119 Stimmen. Der Leitantrag des Parteivorstandes wurde am Sonntag mit 39 Gegenstimmen angenommen.

Das Resultat spiegelte den Verlauf der Tagung wider. Meinungsverschiedenheiten zwischen Mehrheit und Minderheit wurden klar benannt, zumeist in einem um Gemeinsamkeit bemühten Ton. Das traf etwa auf den Beitrag von Uwe Fritsch zu, der sich im Namen von fünf Mitgliedern des Parteivorstands gegen den dort mehrheitlich verabschiedeten Entwurf des Leitantrags an den Parteitag wandte. Emotionale Stellungnahmen aus den Bezirksverbänden Saarland und Rheinland-Pfalz gab es kurz zur Frage, ob sich die Partei als marxistisch-leninistisch bezeichnen solle. Köbele hatte in seinem Referat erklärt, dabei gehe es nicht um Worte, sondern »um die ideologischen Grundlagen« der DKP. Ein Antrag auf Streichung der Bezeichnung im Leitantrag wurde gegen 35 Stimmen abgelehnt. Der frühere DKP-Vorsitzende Heinz Stehr wies in der Debatte darauf hin, dass die westdeutschen Kommunisten nach dem KPD-Verbot 1956 auch aus juristischen Gründen bewusst auf den Terminus verzichtet hätten.

Beherrschende Themen der Tagung waren jedoch die erneut erhöhte Kriegsgefahr, die Rechtsentwicklung in der Bundesrepublik sowie die Situation von Arbeiterbewegung und der DKP. Wera Richter und Patrik Köbele hatten zu Beginn die Attentate in Paris verurteilt, zugleich aber auf die eigentlichen Verursacher von Terror, die Kriege des Westens, hingewiesen. Köbele leitete sein Referat mit den Worten »Es brennt« ein. Es brenne nicht nur wegen imperialistischer Aggressionen in Syrien oder im Irak, sondern buchstäblich auch in der Bundesrepublik täglich in Flüchtlingsunterkünften. Es brenne, wenn die AfD es schaffe, nach Pegida in Dresden Tausende zu einer Demonstration nach Berlin zu bringen. Es brenne, wenn Plakate für »das Mordhandwerk der Bundeswehr« mit Parolen wie »Krisenherde löschst du nicht mit Abwarten und Teetrinken – mach, was wirklich zählt« verbrecherisch werben.

Ähnlich erklärte die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen in einem Grußwort, Terror könne nur bekämpft werden, wenn »der eigene Staatsterrorismus« beendet werde. Wo bleibe die Empörung bei der Ermordung ganzer Familien etwa im Jemen durch von westlichen Ländern gesteuerte Drohnen? Sie bezeichnete die deutsche Politik zur Terrorabwehr als ebenso »menschenverachtend« wie die zur Flüchtlingsabwehr.

Köbele wandte sich dagegen, den deutschen Imperialismus als »friedlich« einzustufen. Der Krieg in Jugoslawien sei dessen Kür, der Afghanistan-Krieg die Pflicht gewesen. In der Ukraine habe er sich mit den USA beim aggressivsten Part abgewechselt. Er warnte zugleich davor, sich über das kapitalistische Russland Illusionen zu machen. Die NATO-Osterweiterung sei aber »der Angriff starker, führender imperialistischer Staaten auf schwächere Konkurrenten«. Das sei »eine der Hauptgefahren für den Frieden« und Hintergrund für »eine derzeitige Identität der russischen Interessen mit denen der Friedenskräfte«.

Zu Auseinandersetzungen in der deutschen Friedensbewegung erklärte der DKP-Vorsitzende, es gehe »um breitestmögliche Bündnisse bis hin ins konservative Lager«. Ein Bruchpunkt sei aber, »wenn der Friedenswille von Menschen instrumentalisiert wird, um im innerimperialistischen Konkurrenzkampf die Interessen des deutschen Imperialismus zu verteidigen«. Deshalb könne es für die DKP »keine Gemeinsamkeiten mit Kräften um (Jürgen, jW) Elsässer und sein Magazin Compact, mit Nationalisten und Rassisten und auch nicht mit Kräften, die bewusst zu solchen Kräften hin aufmachen, geben«.

Der Redner konstatierte, die deutsche Arbeiterbewegung sei auf Krieg, Rechtsentwicklung und gesteigerte Ausbeutung »schlecht vorbereitet«. Zwischen der Schwäche der Gewerkschaften und der der Linken, sowohl der reformistischen wie der revolutionären, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang. Die Existenz einer Linksfraktion im Bundestag sei »gut«. Sie sei dort die einzige Gruppierung, »die sich meist noch den Kriegseinsätzen des deutschen Imperialismus beziehungsweise der NATO entgegenstelle«. Gleichzeitig gebe es Kräfte bis in den Bundesvorstand und die Fraktion hinein, »die nicht nur schwanken, sondern die sich öfter auf die Seite der Kriegskräfte drängeln wollen«. Die DKP habe keine Patentrezepte, wie der Marsch des Imperialismus in die Barbarei zu stoppen sei. Ohne die Analyse und Beiträge von Kommunistinnen und Kommunisten werde es aber keine erfolgreichen Konzepte geben.

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